Die Fahrt mit dem Tren de Sóller ist wie eine Zeitreise in die Vergangenheit (in vorcorona-Zeiten). Die Bahn wurde ursprünglich zum Transport landwirtschaftlicher Produkte (hauptsächlich Zitrusfrüchte) aus Sóller genutzt. Vorher war der Ort nur auf dem mühsamen Landweg über den knapp 500 Meter hohen Coll de Sóller oder auf dem Seeweg erreichbar.
Nun gedeihen im „Tal des Goldes“, dem vor Wind und Wetter geschützten Becken von Sóller, bis heute die besten Orangen weit und breit – doch sie mussten im 19. Jahrhundert umständlich per Schiff oder mit dem Eselkarren über den 496 m hohen Coll de Sóller nach Palma transportiert werden. Das dauerte bis zu einer halben Woche und war vor allem im Winter, der Haupterntezeit der Früchte, mitunter nicht ungefährlich.

Also gründete man im Jahre 1904 die private Eisenbahngesellschaft „Ferrocarril de Sóller“ (FS). Ab dem 16. April 1912 rollten vier aus England importierte Dampfloks, zehn Personenwagen (1., 1./2. und 2. Klasse) und 24 Güterwagen durch Mallorcas großes Gebirge, vorbei an 14 Stationen.

Die Bahn wurde mit 914 mm Spurweite gebaut und fährt heute mit 1200 Volt Gleichstrom. Die Elektrifizierung wurde Ende der 30er-Jahre von der Firma Siemens-Schuckert durchgeführt, nachdem sich viele Fahrgäste über den Dieselrauch in den Tunneln beschwert hatten.

27,6 Kilometer in einer Stunde Fahrzeit
Nein, das Anrecht auf Blitzgeschwindigkeit erwirbt man mit der Fahrkarte für den Tren de Sóller nicht. Die Garnituren der Eisenbahn zwischen Palma und Sóller sind auch gar nicht rot, obwohl sie die deutschen Gäste den „Roten Blitz“ nennen. Die Elektroloks und Waggons präsentieren sich im dunkelbraunen Holzlook, aber z. T. mit exklusivem Innenleben.

Im Erste-Klasse-Abteil hinter dem Führerhaus überraschen salonartig angeordnete und weich gepolsterte Lederfauteuils, Mahagoni-Wandtäfelungen mit orangeroten Bordüren, elegante Gepäcknetze aus cottofarbenem Garn sowie Messingleuchten, deren warmes Licht in ständig leicht wechselnder Intensität erstrahlt.

Aber auch die einfachen Holzbänke in den Abteilen 2. Klasse bezaubern mit altehrwürdiger Patina. Selbst der Schaffner bläst zur Abfahrt nicht etwa in eine simple Trillerpfeife: Nach drei Zügen am Glockenstrang ertönt der Klang eines Messinghorns.
Die Streckenführung
Die wild-romantische Trassenführung mit 13 Tunnels und dem über 50 m langen Viadukt „Cinc Ponts“ (auch „Viaducte de Monreals“) erinnert sehr stark an Schweizer Bergbahnen in früheren Jahren.
Der Zug verlässt Palma in nördlicher Richtung und fährt die ersten Kilometer als Straßenbahn durch Palma. Sobald man die Stadt hinter sich gelassen hat, wird die Landschaft weit und man sieht das Tramuntana-Gebirge langsam näher kommen.
Interessante Stops sind Bunyola und der Mirador del Pujol d’en Banya, wo sich die beiden Züge aus Palma und Sóller auf der ansonsten einspurigen Strecke begegnen.
Nach dem Halt im Bahnhof Bunyola unterbinden die ersten zwei von insgesamt 13 Tunnels kurzzeitig die Sicht auf Oliven-, Johannisbrot- und Mandelbäume. Sie stimmen auf eine längere Finsternis ein: Gleich hinter dem berühmten Garten von Alfàbia verschwindet die Bahn im 2.857 Meter langen Túnel Major. Das harte Stakkato der Metallräder hallt durch die Finsternis: Würde man konsequent von Palma bis Sóller mitzählen, käme man auf 2225 mal „Tocktock“ – jedes entpräche einem Schienenpaar von etwa 12,40 Meter Länge.
Wenn es wieder hell wird, sollten Sie rechts sitzen: Das Gebirge gegenüber der „Esplanada“ zeigt sich von seiner wilden Seite. Nach drei weiteren Tunnels erblickt man plötzlich das Tal von Sóller – und mitten in ein wunderbares Panorama bis hin zum Puig Major, dem höchsten Gipfel der Insel.
Kein Wunder, dass die Bahn hier sogar über eine eigene „Aussichts-Station“ verfügt: Am Mirador des Pujol d’en Banya hält der tägliche Tren Turístico ausschließlich zur Freude der Fotografen.
Die Szenerie bleibt auch auf dem Rest der Strecke eindrucksvoll. Zwischen Olivenhainen und friedlich grasenden Schafen gewährt die spektakulärste Brücke der Bahnroute freie Sicht: Der 46 Meter lange Viadukt von Monreals überspannt den Torrent des cinc ponts mit hohen Steinbögen. In der langgezogenen Rechtskurve oberhalb der Küstenstraße sollten Sie, wenn es möglich ist, die Wagenseite wechseln, den auf den folgenden zwei Kilometern leuchtet das „Orangenstädtchen“ von links ins Abteil.
Dann verbirgt ein letzter Tunnel die südliche Ortseinfahrt von Sóller, und schließlich stoppt der Zug in seiner Endstation: Das aus dem Jahre 1606 stammende Herrenhaus Can Mayol wurde 1911/12 zu einem Jugendstil-Bahnhof umgebaut.
In Sóller angekommen sollte man nicht sofort am Bahnhof in die nächste Trambahn zum Hafen steigen, sondern zunächst ein bisschen durch die malerische Stadt schlendern. Zahlreiche Cafes und Restaurants laden zum Verweilen ein und überall wird frisch gepresster Orangensaft angeboten.

Port de Sóller
Mit der Tramvia de Sóller geht es danach weiter zum Hafen. Auch diese ca. 5 km lange Strecke durch Orangenhaine bis in den Port de Sóller ist abenteuerlich, aber sehr schön.
Der Hafen selbst bietet einen kleinen Strand, viele Geschäfte und Restaurants und am Ende des Hafenbeckens einen Mirador mit einem atemberaubenden Blick von der Steilküste aufs Meer.

Zwischen Sóller und Port de Sóller erwartet Sie der „Orangen-Express“, eine Straßenbahn, die ihr Dasein eigentlich einem Finanzierungstrick verdankt. Da der Staat einst nur für Bahnlinien ab 30 Kilometern Länge Subventionen lockermachte, ergänzte man die nur geringfügig kürzere Bahnstrecke von Palma nach Sóller einfach mit einer 4,8 Kilometer langen Straßenbahn bis Port de Sóller. Ihre ältesten Waggons stammen aus Palma, wo ihre Vorgänger noch von Maultieren gezogen wurden.
So fährt die Straßenbahn seit 1913 mitten über die Plaça de sa Constitució, den Hauptplatz von Sóller. Es ist jedesmal ein kleines Spektakel, wenn die Waggons vor der Modernisme-Fassade der Pfarrkirche zwischen Platanen, Schaufenstern und Cafétischen zur Plaça Mercat hinausrumpeln. Ab dem Stadtrand fährt man durch einen der schönsten Bereiche im „Tal des Goldenes“, wo sich die Garnituren bei einer Ausweiche auf halbem Weg kreuzen. Schon die Araber legten die Grundlagen für die herrlichen Gemüsegärten, Olivenhaine und vor allem für jene Orangenplantagen, die den Sóllerics einst Wohlstand und Reichtum brachten.
Informationen kompakt
Die Fahrt mit dem „Roten Blitz“ beginnt in der Nähe der Plaça d’Espanya im Zentrum von Palma. Am Anfang der „Carrer Eusebi Estada“ befindet sich der Bahnhof, in dem man auch direkt Tickets am Schalter kaufen kann. Alternativ kannst man, wenn man mit dem Auto kommt, auch in Son Sardina in den Roten Blitz einsteigen. Dort befindet sich ein Park&Ride-Parkplatz.
Über insgesamt 10 Haltepunkte, von denen der größte Bunyola ist, geht es für Dich bis nach Sóller. Dort laden gemütliche Cafés und kleine Geschäfte dazu ein, eine Zeit lang zu verweilen und die Stadt zu erkunden, bevor es mit der historischen Straßenbahn weitergeht.
- Dauer pro Strecke: ca. 1 Stunde
- Kilometer pro Strecke: 27
- Preis: 22 EUR
Mit der historischen Straßenbahn geht es weiter zum Meer: Von Sóller aus geht es die letzten 5 km mit der historischen Straßenbahn bis zum vorgelagerten Hafen Port de Sóller. Die hölzerne, offene Bahn existiert seit 1914 und ist ähnlich rustikal wie der Tren de Sóller. Vorbei an duftenden Orangenhainen kannst man nach gemütlicher Fahrt nicht nur das Meer, sondern auch die eindrucksvollen Hafenanlagen, die auf das 18. Jahrhundert zurück gehen, bestaunen.
- Dauer pro Strecke: ca. 15 min
- Kilometer pro Strecke: 5
- Preis: 6 EUR