Wer hat Angst vorm starken Mann? Doch nur die Schwachen, die beim Kampf um Geld und Geltung in den Arenen nicht mithalten können. Die einen spielen Badminton, die anderen Tennis. Die einen Laufen, Fahren Rad und Ski fährt, wer es mag, auf Schnee, Gras oder Rollen. Olympia ist überall.

Und wieder haben wir das vertraute Bild: Olympia, die Winterspiele 2018 in Pyeongchang, sind fast zu Ende doch das Auftauchen der Schattenrisse von Injektionsspritzen und Ampullen konnte auch hier nicht verhindert werden.

Was aber geschieht auf den Skipisten, den Curling-Bahn, aber auch dem grauen Beton, der Laufbahn im Station, dem Schwimmbecken …? Der edle Wettbewerb, bei dem dabei sein alles ist, findet heute nicht statt. Ernsthafter Sport, so stellt schon Georg Orwell fest, hat nichts mit Fair Play zu tun. Alle Spiele, bei denen es um den Sieg geht, sind voller Eifersucht und Hass, es wird geprahlt, es werden Regeln missachtet, und das Publikum findet ein sadistisches Vergnügen darin, der Anwendung von Gewalt zuzuschauen.

Was aber schluckt der Athlet nicht alles, um schneller und besser zu sein als der Konkurrent? Was ist wahr an den Leistungen der Sportler und was nicht? Ist der Athlet denn überhaupt noch gesund?

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Es ist schon eine komische Sache. Bei den Skilangläufer, den Biathleten, den Triathleten, in der Leichtathletik, aber auch bei den Schwimmern, und besonders auch bei den Rennradfahrern sind heute vorwiegend Asthmatiker unterwegs. Damit sind ihnen leistungssteigernde Medikamente zugänglich, die anderen verboten sind. Man hustet sich sozusagen zur Goldmedaille.

Als die Olympischen Spiele der Antike, größtenteils mit Kampfsportarten, ins ­Leben gerufen wurden, siegte stets der stärkste Athlet. Diese Zeit, da ein sportlicher Wettkampf alleine durch das ­Können eines Athleten entschieden wird, endet ­jedoch spätestens dort, wo Sportgeräte und eine persönliche Ausrüstung zum Einsatz kommen.

Was ist eigentlich Doping, warum wird gedopt und seit wann gibt es Doping?
Was auf der Dopingliste steht. Die Welt-Anti-Doping-Agentur, WADA, hat dafür drei zentrale Kriterien: Ein Wirkstoff hat das Potenzial, die Leistung zu steigern, die Gesundheit der Sportler zu gefährden und gegen den Geist des Sports zu verstoßen. Wenn zwei der drei Kriterien erfüllt sind, gehört das Mittel auf die Liste. Für eine ethische Bewertung ist diese Definition kritisch.

Das Gendoping könnte Verfahren ermöglichen, die vielleicht ­sogar gesundheitsfördernd sind. Das ethische Argument gegen dieses gesundheitsfördernde Doping wäre dann ja nur, dass es gegen den Geist des Sports verstößt. Der Geist des Sports – was soll das sein? Gehört der Profisport dazu? Oder nur das zweckfreie Tun, der Freizeitsport? Deswegen habe ich mit einer möglichst offenen Definition gearbeitet: Doping ist eine unphysio­logische Leistungssteigerung – ein äußerlicher Eingriff in die Funktionsweise des Körpers, damit er besser funktioniert.

Tendenzen zum Doping gab es wohl schon bei den ganz frühen Olympischen Spielen, als Athleten Stierhoden aßen, weil sie sich davon eine bessere Leistung versprachen. 1889 tauchte das Wort in einem englischen Wörterbuch auf: Es stand dafür, dass man Rennpferden Opium und Narkotika verabreichte. Der Begriff geht wohl auf das Wort Dope zurück – das war ein kleiner Schluck Alkohol, der den Bauern im Weinberg half, die Weinernte durchzustehen.

Dopen mit Elektromotoren statt mit Chemie
Großer Jubel bei den Fans des Radsports: Alles geht, alles ist möglich. Dem postmodernen Motto wollen sich auch die Strippenzieher der ehrwürdigen Tour de France nicht mehr verweigern. Selbstoptimierung ist zum kategorischen Imperativ geworden. Dank des Dopings gibt es jetzt auch eine Konstrukteurswertung bei der Tour, ganz so wie bei der Formel 1. Der Rennradler als Rennwagen. Pharmakologen als Ingenieure. Viele Pharmakonzerne aus den radsportbegeisterten Ländern haben schon zugesagt, darunter die Schweizer von Novartis, Phizer aus den USA oder Bayer aus Deutschland.

 Und wenn es keine Chemikalie ist, dann ist es so etwas wie Techno-Doping. In den 2000der Jahren fielen dank Ganzkörperanzügen mit Hightech-Oberfläche, zahlreche Schwimmrekorde.

Gerüchte gab es schon lange, doch seit dem 31. Januar 2016 herrscht Gewissheit: Motordoping im Radsport existiert. Jenseits aller Spekulationen ist es Fakt, dass man Räder mit Elektroantrieben ausrüsten kann, die von außen nicht ohne weiteres entdeckt werden können. Rennmaschinen mit unsichtbaren Motoren sind ab 4.500 Euro zu haben.

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Doch glaubt man neuesten Berichten, sind die Minimotoren im Sattelrohr längst überholt. Ein leiseres System, bei dem mit einem elektromagnetischen Antrieb gearbeitet wird, sei bei Profis im Umlauf, berichtete eine italienische Sportzeitung.

Der Profiradsportverband UCI hat inzwischen auf die Problematik reagiert und scannt vor und während Wettkämpfen Räder auf Motoren und Akkus. Der Strafenkatalog wurde um den Punkt „technologischer Betrug“ erweitert.

Schmutziger Sport
Doping ist wieder in! Verschoben haben sich nur die Koordinaten. Der Osten ist nicht mehr die für seine Topstars vor Enttarnung absolut sichere Dopingzone, der Westen hat beim Manipulieren gewaltig aufgeholt. Die Dopingcharts zeigen: Anabolika sind der Evergreen, andere Pillen sind out. Doch eigentlich wird im Sport geschluckt, was da ist.

Manche nennen das, was gerade in Pyeongchang passiert, Olympische Spiele. Für die anderen könnte es mal wieder zu einer Leistungsschau der Pharmaindustrie werden. Gedopt wurde bei Olympia immer. 1908 torkelte ein Marathonläufer ins Ziel, nachdem er Strychnin genommen hatte, mit einem Schuss Brandy. Und was ist mit den Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014?

Offiziell wird Doping weltweit geächtet, inoffiziell hält sich allerdings kaum jemand daran. Solange die auf Superlative versessene Gesellschaft dem manipulierten Rekord huldigt, bleibt alles beim Alten. Doch der Spaß am Sport ist raus, seitdem Doping und Geld zugegriffen haben. Eine Menge Rekorde sind unglaubwürdig.

Und was geschah bisher? Eigentlich nicht viel! Oder wenn man die sauberen Sportler hört „Nicht genug“. Der IOC-Präsident Thomas Bach steht nach der Olympia-Zulassung für russische Sportler trotz des massiven, bewiesenen Dopingbetrugs heftig in der Kritik.

Beteuerungen eines sauberen Athleten sind gut, Kontrollen sind besser. Trotzdem, der nächste Dopingfall wird kommen, (man sieht es, auch in Pyeongchang sind es schon wieder einige) so sicher wie Ostern und Weihnachten. Warum auch soll der Sportler ehrlicher sein als die Gesellschaft?

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