Worum geht es: Staaten sterben. Manchmal ist es Mord. Manchmal ein Unfall. Manchmal liegt es daran, dass sie von Anfang an zu lachhaft waren, um überhaupt zu existieren. Gelegentlich enden sie in einer heftigen Explosion. Einige wenige gleiten unbemerkt von der Landkarte. Oft lautet die Todesursache „waren zu gierig geworden“ oder „Napoleon tauchte auf“ oder „Moskitos“. Hin und wieder halten sie einfach ein Referendum ab und wählen sich selbst aus dem Dasein.

In diesem witzigen Atlas nimmt uns Gideon Defoe mit in eine Wunderkammer der Geschichte und erkundet so unterhaltsam wie vergnüglich die skurrilen, bizarren und mysteriösen Schicksale von 48 Ländern, die es heute aus unzähligen und teilweise absurden Gründen nicht mehr gibt, unter anderem die Republik Flaschenhals oder die Erfrischungsinseln.
Wer ist der Autor: Gideon Defoe, geboren 1975, arbeitete nach seinem Abschluss in Archäologie und Anthropologie an der University of Oxford einige Zeit als Barkeeper in London. Aufgrund einer mangelnden beruflichen Perspektive in diesem Metier wollte er zurück an die Uni. Doch anstatt dort einen Doktor zu machen, schrieb er sein erstes Buch. Ihm folgten weitere, unter anderem über die Frage, wie Tiere Sex haben und ein Drehbuch zu dem Oscar-nominierten Film Piraten!
Warum ich das Buch empfehle: Gideon Defoe untersucht den Tod von 48 Staaten und die Vorgeschichte dieser Vorfälle. Humor ist da sicher nicht immer angebracht, aber so etwas stört Engländer (hallo Monty Python …) bekanntlich nicht. Beispiel: die Republik Krim gehört zu den nicht mehr existierenden Staaten. Hier scheint der Humor des Autors etwas unangebracht, aber was soll’s. Und so widmete er sich, in seiner ganz eigenen Art, dem Dahinscheiden von 48 Ländern, die plötzlich von der Landkarte verschwunden waren. Bis auf die Geschichte Bayerns (ich komme aus Bayern), war der Inhalt der Ländergeschichten mir bisher nicht vertraut – also, auch bei diesem gewöhnungsbedürftigen Schreibstil, alles gut gemacht.

In vier Kapiteln stellt Defoe Länder vor, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr existieren. In den kurzen Porträts skizziert er den Staat zuerst durch einen Steckbrief, der Informationen zur „Einwohnerzahl“, “Hauptstadt“, “Sprachen“, „Währung“, „Todesursache“, „heute“ und geografische Lokalisierung gibt, bevor er auf die Gründe des Aussterbens eingeht. Diese reichen von tragisch bis extrem kurios.

Und jetzt wird es interessant: Bei den Positionsangaben nutzt er das Geokodierungssystem „what3words“, das statt Längen- und Breitengraden drei zufällig ausgewählte Wörter zur Lokalisierung benutzt. Wie beispielsweise „compound.melons.orchestra“ oder „situated.displaying.indecision“ – interessant!!.
Mein Fazit: Dieses Buch sollte man unbedingt gelesen haben, denn die 48 „verstorbenen“ Länder haben es verdient nicht in Vergessenheit zu geraten. Und spannend war es, beim lesen, allemal – ich fand’s gut! Und danke Joy Gosney für die wirklich tollen Illustrationen.
Hier geht es zur Leseprobe
https://www.knesebeck-verlag.de/atlas_der_ausgestorbenen_laender/t-1/1045
Produktinformation
- Herausgeber: Knesebeck (24. Februar 2022)
- Sprache: Deutsch
- Gebundene Ausgabe: 256 Seiten
- ISBN-10: 3957285429
- ISBN-13: 978-3957285423
- Preis: 22,00 Euro
