30. Juli.1988 – als alles Begann: Davos (Kanton Graubünden, 1560 m) ist in der ganzen Welt bekannt als Sport- Ferien- und Kurort, besonders aber auch als Kongress- und Tagungsort (Weltwirtschaftsgipfel!). Die Geschichte von Davos als Kurort ist eng verbunden mit dem deutschen Arzt Alexander Spengler, der die besondere heilsame Wirkung des Davoser Höhenklimas bei Tuberkulosekranken entdeckte und zusammen mit dem Holländer Holsboer 1868 die Kuranstalt Spengler-Holsboer gründete. Das 1969 eröffnete Kongresszentrum begründete den hervorragenden Ruf von Davos als Kongressstadt.


Gleich in der Nähe des Kongresszentrums ist das Sportzentrum mit dem Eisstadion, Schauplatz des immer am letzten Juli-Wochenende stattfindenden Großereignisses Swiss-Alpine-Marathon. Der Swiss Alpine Marathon in Davos über 78 km ist der unbestrittene König der Ultra-Bergläufe. Die Veranstaltung setzt Maßstäbe in Bezug auf Organisation, Teilnehmerzahlen, Atmosphäre, Attraktivität und Vielfalt. Auch die Anforderungen an die Teilnehmer sind ohne Beispiel.

Das Programm (zur Auswahl): Landwasserlauf von Davos nach Filisur (28 km) Sertiglauf von Filisur über den Sertigpass nach Davos ((39 km) und die große Runde Davos – Davos über 67 Kilometer und 2300 Höhenmeter.

Damals wählte ich den Landwasserlauf: Davos (Stadion 1560m) – Frauenkirch (1505m) – Spina (1598m) – Monstein (1626m) – Station Monstein (1346m) – Zügenschlucht – Station Wiesen (1197m) – Wiesner Viadukt – Filisur (1080m). Aufstieg gesamt: 380 m; Abstieg gesamt: 840m

Die folgende  Streckenbeschreibung bezieht sich auf den ersten Teil der „Urstrecke“ des Swiss Alpine Postmarathon wie er bis 1997 als Wettkampf gelaufen werden konnte. Ich selbst bin 1998 diese Strecke durch das hochalpine Gelände des damaligen Swiss Alpine Postmarathon gelaufen. Dieser Streckenabschnitt wird als Landwasserlauf bezeichnet, seit 1998 trägt er auch den Namen K30.

Und so sah es damals aus: Gestartet wird in Davos im Stadion, der Höhenmesser in der Pulsuhr muß auf 1560 Meter programmiert werden. Dann geht es durch den Ort vorbei am Teich neben der Seilbahnstation, auf der oberen Prachtstraße dieses Nobelortes trennt sich schon die Spreu vom Weizen. Eine langgezogene Gefällepassage gestaltet die Sache etwas leichter, Frauenkirch (1505m) ist erreicht. Hinauf nach Spina werden Höhenmeter gefressen, der Anstieg ist schon gewaltig. Viele der Läufer gehen bereits. Spina (1598m) und wenig später Monstein (1626m) sind erreicht und passiert. Auf Waldwegen mit großem Gefälle geht es nun hinunter zur Station Monstein (1346m) der Rhätischen Bahn (RhB).

Konzentration ist notwendig um nicht den Waldboden zu küssen. Hundert bis zweihundert Meter auf dem Asphalt und dann vor dem Straßentunnel nach links auf Splitt weiter. Ehe man sich versieht ist man mitten in der Zügenschlucht. Ein gigantisches Panorama in der Schlucht. Mehrfach wird es dunkel, der Grund, es wird durch unbeleuchtete Tunnel gelaufen. Ungewohnt aber mal was anderes. Am Ende der Schlucht gilt es einige Treppenstufen hinunter zu laufen um eine Betonbrücke passieren zu können.

Auf verwurzelten Waldwegen geht es nun einige Höhenmeter rauf und runter. Im Gefälle zur Station Wiesen (1197m) der Rhätischen Bahn (RhB) ist große Vorsicht geboten. Die Strecke führt über den Bahnübergang. Vor mir geht die Schranke runter, aber einer der vielen fleißigen Helfer winkt mich vor dem herannahendem Zug noch über die Gleise.

Parallel zum Schienenstrang führt die Laufstrecke nun über das weltbekannte Wiesner Eisenbahnviadukt. Zug und Läufer teilen sich die Brücke. Auf dem 89 Meter hohen Viadukt wird die Landwasserschlucht überquert. Zuschauer im gleichzeitig über das Viadukt fahrenden Zuges feuern die Läuferschar kräftig an. Auch ich wage einige Blicke in die Schlucht, herrlich.

Infolge des Dauerregens ist hinter der Brücke sehr viel Schlamm, auch ich tapse in ein Loch und habe nun nicht nur nasse, sondern auch schlammige Schuhe. Auf den Waldwegen läuft es sich aber wieder ausgezeichnet. Da es durch abfallendes Gelände geht laufen die Beine wie fast von alleine. Der Ort Filisur ist in Hör- und Sichtweite.

Doch die Schluss-Überraschung versteckte sich noch. Man kommt, kurz vor der Bahnstation Filisur, aus dem Wald heraus und läuft bergab. Die Musikkapelle ist schon zu hören, und dann dieser Hammer: etwa 100/200 Meter vor dem Ziel, wandelt sich die Berggab-Strecke in eine Bergauf-Strecke – naja, so 10/15 % vielleicht. Und das nach rund 30 km, ich denke schon alpinem Trail. Doch man hört auch schon die Zuschauer und so hat man die Bahnstation in Filisur (1080m) erreicht und ist im Ziel des Landwasserlaufes. Gleich am Ortsrand stehen die ersten Lautsprecher und empfangen die LäuferInnen, manche werden auch namentlich begrüßt – ich kann mich noch gut daran erinnern.

Juli 2019 – Back to the Roots – auf rund 30 km von Davos nach Filisur: Auch heute, im Jahr 2019, starte ich, wie damals, um 8.30 Uhr im Stadion. Die ersten 5 Kilometer führen mich durch die Alpenstadt Davos. Es verleitet zum schnellen Laufen, aber das muss ich heute wirklich nicht. Es soll ein schöner, entspannter Lauf werden. Aber das ändert sich bald. Obwohl ich bis Filisur 500 m an Höhe verlieren, sind auch Anstiege dabei. Kräftige sogar, wie der Erste nach ungefähr 10 km über Spina hinauf nach Monstein.

Nun geht es talwärts durch das wildromantische Landwassertal. Dunkle Wälder, steil aufragende Felswände, wilde Bäche und schmale Stege bilden die Kulisse. Bilder zum Staunen. Höhepunkt ist zweifellos das Wiesner Viadukt, welches ich nach dem Lauf durch zwei dunkle Tunnels erreiche. Danach geht es, auf einem Fußgängersteig, über das 204 m lange und 88 m hohe Wiesener Viaduckt. Ich hoffe es kommt kein Zug, und ich kann über das Viadukt laufen – was für ein Glück, es funktioniert. Dann erreiche ich bei ungefähr km 25 den Bahnhof Wiesen. Danach geht es noch einmal kurz steil bergan und dann nur noch abwärts bis Filisur, dem Ziel.

Ich bin am Ziel meines „Back to the Roots Laufes“. Tolles Gefühl. Jetzt heißt es schnell umziehen (frische Sachen habe ich in meinem Laufrucksack) und dann kommt da schon die Rhätische Bahn (RhB), die mich wieder nach Davos zurück bringt – super.

Es war ein toller Tag – damals am 30 Juli 1988 und heute (bei der Wiederholung) im Juli 2019.