Wie sicher schon viele festgestellt haben, spätestens an der Aldi/Lidl…-Kasse hört die Gelassenheit auf – gerade in Touristen-Zentren. Da blitzt dann die für manche von uns scheinbar unwiderstehliche Versuchung auf, sich gegenüber den Anderen einen Vorteil zu verschaffen – gerade im Urlaub, dort wo einen im Supermarkt keiner kennt!

Dann spazieren die Vordrängler ohne mit der Wimper zu zucken an der Warteschlange vorbei und schlüpfen in einen Kasseneingang, lassen das Produkt entspannt auf das Förderband purzeln, so als wäre überhaupt alles in bester Ordnung.

Der Vordrängler: Brav in die Schlange einreihen und warten bis man dran kommt? Doch nicht der Vordrängler. Er nimmt sich, was er will. Und zwar sofort. Rücksicht? Pah, das ist was für Schwächlinge. Wenn die Anderen den Kopf schütteln und sich gegenseitig zuflüstern, wie dreist er doch sei, fühlt sich der Vordrängler bestätigt. Er genießt die Aufmerksamkeit und fühlt sich überlegen. Sein Werkzeug: die passende Ausrede. Die hat der Vordrängler stets parat. So fragt er scheinheilig „Darf ich nur mal ganz kurz hier dran?“ oder „Ich stand eben schon hier.“

Der Vordrängler ist auch der Kassenschlangentrottel: Das sind bzw. waren die Schlimmsten in der Corona-Pandemie. Anderthalb bis zwei Meter Abstand in der Schlange an der Supermarktkasse – hallo warum geht das nicht? Immer noch Fehlanzeige bei manchen. Und diese Abstandstrottel regen sich dann darüber auf, dass andere Leute in dieser Krise so dumm sind. Dabei bemerken sie nicht, dass der Abstand zur Person vor ihnen nur noch 30 Zentimeter beträgt.

Tagtäglich geschieht es immer wieder: Wer nicht bei drei seinen Einkaufwagen aus dem vorderen Bereich der Warteschlange zu einer sich neu öffnenden Kasse geschoben hat, wird von der wartenden Meute hinter einem, gnadenlos abgedrängt. Wenn’s um sie selber geht, können gerade Touristen im Urlaub ganz schön wach sein. Und bei so einem Manöver geht es um viel mehr als nur den Triumph, vier Minuten früher als die anderen daheim zu sein. Da geht es um das erhebende Gefühl, den anderen eine Nasenlänge voraus zu sein, es ihnen wieder einmal gezeigt zu haben und von dieser Überlegenheit einen ganzen Urlaubstag zu träumen.

Der Vordrängler arbeietet überall, auch im Urlaub am Strand. (Zeichnungen: cartulli)

Okay, niemand steht gerne in einer Warteschlange, schon gar nicht, wenn sie sehr lang ist. Aber das dreiste Lächeln, der Vordrängler, in die Gesichter der Wartenden (so eiskalt, dass keiner wagt, dieses arschige Verhalten infrage zu stellen) muss ich mir nicht antun. Ich gehe dann um 7:30 einkaufen!!!!